Dietmar Schlau | Heilpraktiker für Psychotherapie • Villingen |
„Gesprächstherapie? Wie soll die helfen? Man kann doch durch bloßes Reden keine Krankheit heilen! Ein einziges Wort kann einen Menschen auf Jahre hinaus verletzen – diese Macht der Sprache kann man auch zur Heilung nutzen!“ Dietmar Schlau |
Wird auch klientenzentrierte Gesprächstherapie nach Rogers und nicht-direktive Psychotherapie genannt. Sie geht zurück auf den Psychologen Carl Ransom Rogers, der viele Jahre in einer Erziehungsberatungsstelle für Jugendliche arbeitete. Dort entwickelte sich sein humanistisches Weltbild, das seine Therapieform maßgeblich beeinflusste.
Die klientenzentrierte Gesprächstherapie gehört zu den humanistischen Therapieformen. Humanistische Therapeuten gehen davon aus, dass der Mensch an seiner seelischen Entwicklung aktiv mitwirken kann. Er kann seine Psyche selbst beobachten und erforschen, und die Erkenntnisse nutzbringend einsetzen.
Nach Rogers' Meinung hat jeder Mensch die Tendenz sich selbst zu aktualisieren und zu vervollkommnen. (Der Volksmund sagt dazu Selbstheilungskräfte.) Geben wir aber unsere gesamte Kraft (Zeit, Gedanken, Aufmerksamkeit u.s.w) an das Problem, so haben wir für die Selbstheilung keine Energie übrig.
Gerade bei seelischen Problemen geht viel Energie in den Selbstschutz – verständlich, denn wir müssen uns vor (seelischen) Schmerzen schützen. (Beispiele: Der Patient wehrt Freundschaft und Liebe ab, weil er Angst vor Enttäuschung hat. Der Patient lässt sich ausnutzen, weil er geliebt werden möchte. Der Patient leugnet seine Gefühle, weil er Angst hat als Weichei zu gelten ...)
Hier setzt die Gesprächstherapie an. Aufgabe des Gesprächstherapeuten ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der der Klient sich sicher fühlt (und auch ist!). In so einer Umgebung spürt der Klient, dass er seine "seelischen Schutzschilde" herunterfahren darf. Dadurch werden Ressourcen frei, die bisher durch das Problem gebunden waren. Die frei gewordene Energie wandelt sich in Lösungsenergie (Selbstheilung), dies geschieht augenblicklich und automatisch – es ist das wirksame Moment der Gesprächstherapie.
Die Kunst des Therapeuten ist es nun, diese Atmosphäre herzustellen. Dabei hilft ihm sicherlich ein humanistisches Menschenbild und eine reife Persönlichkeit, aber es gibt auch Methoden und "Handwerkszeug", das er beherrscht und anwendet.
Es sind 3 Aspekte, die der Gesprächstherapeut sowohl als innere Haltung, als auch als Technik einsetzt:
Empathie
(= Mitfühlen, Verständnis aufbringen, Wohlwollen, menschliche Wärme vermitteln.) Aber Empathie bedeutet noch mehr, es ist die Fähigkeit, die Gefühle des Klienten zu erkennen und diese rückzumelden. Das darf nicht nur "im Kopf" passieren, der Therapeut erzeugt (mit Hilfe von Techniken) die Gefühle des Klienten in sich selbst. Nur so kann er nachempfinden, wie es dem Klienten gerade geht, und die Welt aus dem emotionalen und wahrnehmenden Blickwinkel des Klienten betrachten. Die Rückmeldung des Nachempfundenen erzeugt im Klienten das Gefühl des Verstandenwerdens. Dass der Klient sich verstanden fühlt, ist ein wichtiger Baustein für die heilungsfördernde Atmosphäre.
Bedingungsfreies Akzeptieren
Das bedeutet, den Klienten ernst zu nehmen, und sich für ihn zu interessieren. Es bedeutet auch, sich auf ihn einzulassen, und ihn nicht wegen bestimmter Inhalte oder Verhaltensweisen abzulehnen. Schwieriger – aber notwendig – ist es, seine eigenen Bewertungen zurückzustellen – notfalls gegen das eigene Gewissen.
Jeder Mensch hat seine eigenen Wertmaßstäbe, seine eigenen gut/böse-Kriterien, sein eigenes Gewissen. Dieser Wertekatalog erzeugt Gefühle im eigenen – ganz persönlichen – Gehirn. Wahrheit findet also "in uns statt" und deshalb erliegen wir leicht dem Irrtum, diese Wahrheiten wären weltweit gültig. In Wirklichkeit enden sie an unserer Schädeldecke. Akzeptanz bedeutet für den Gesprächstherapeuten nun, seinen eigenes Gewissen "außerhalb zu parken", und mit den Werten des inneren Bezugsrahmens des Klienten zu urteilen. Nur so kann er wirklich verstehen, was im Klienten vor sich geht.
Das alles darf nicht simuliert werden, es muss echt sein – der Gesprächstherapeut muss diese Haltungen in sich selbst tatsächlich erzeugen. Nur dann erlaubt die Psyche des Klienten es, seine Schutzschilde zu öffnen und Lösungsenergie freizusetzen.
Selbstkongruenz und Echtheit
(Kongruenz = Übereinstimmung). Selbstkongruenz bedeutet, dass der Therapeut "mit sich selbst übereinstimmt" d.h. Zugang zu seinen Gefühlen und Gedanken hat, die er dem Klienten gegenüber empfindet.
Es bedeutet weiterhin, dass er diese Gefühle nicht abwehrt, sondern sie zulassen, wahrnehmen und verarbeiten kann. Ein Gesprächstherapeut muss sich selbst sehr gut kennen und ehrlich mit sich sein. Seine Arbeit erfordert es, dass er die Gefühle des Klienten in sich selbst erzeugt. Der Therapeut muss dabei in der Lage sein "Dein und Mein" auseinander halten zu können.
Beispiel: Bemerkt der Therapeut dass er ärgerlich ist, so muss er erkennen ob dieser Ärger der (in ihm erzeugte) Ärger des Klienten ist, oder ob er sich gerade selbst ärgert. Dies ist für den therapeutischen Prozess unerlässlich. Die Ausbildung zum Gesprächstherapeuten erfordert ein hohes Maß an Selbsterfahrung.
Viele meiner Patienten haben anfangs ein falsches Bild von der Gesprächstherapie. Sie halten diese Therapieform für Sitzungen, in denen der ach so kluge Therapeut mit seiner ach so großen Lebenserfahrung weise Sprüche von sich gibt und kluge Ratschläge austeilt. Aber gerade das ist Gesprächstherapie nicht, Gesprächstherapie funktioniert anders:
Nach Rogers' Theorie entstehen seelische Störungen, wenn innere Wahrheiten mit äußeren (und inneren) Reizen nicht übereinstimmen. Dadurch entstehen Widersprüche, die der seelische Apparat mit dysfunktionalen Mechanismen auszugleichen versucht. Die vertrauensvolle Atmosphäre in der Gesprächstherapie ermöglicht es dem Klienten, sich mehr mit sich selbst, seinen Zielen und Motiven zu beschäftigen – der Klient orientiert sich mehr an sich selbst (Rogers nennt dies Selbstexploration). Der Klient kann dadurch sich selbst besser annehmen, sein Selbstwertgefühl steigt, und ungünstige Mechanismen werden durch günstige ersetzt.
Der Mensch kann seine Entwicklung aktiv gestalten. Er hat einen freien Willen und die Möglichkeit auszuwählen. Der Mensch ist einsichtig, das ist nutzbringend. Das Unbewusste ist unwichtig, Störendes kann mit Bewusstheit und Verstand beseitigt werden. Der innere Bezugsrahmen des Klienten ist der einzig gültige.
(Wie sehr Rogers diesen Grundsatz beherzigte zeigt sich daran, dass er nicht den Begriff "Patient" verwendet, sondern "Klient". Er möchte damit klarstellen, dass es keine Hierarchie in der therapeutischen Beziehung gibt – der Therapeut ist nicht der Fachmann, der Klient ist nicht der Laie. Das hat nichts mit Toleranz zu tun, es ist einfach eine Tatsache: Der Klient ist der Spezialist für seine eigene Krankheit. Wenn zu mir in die Praxis ein Klient mit Depressionen kommt, dann weiß er über seine persönliche Krankheit bescheid – er weiß wie sich die Phasen ankündigen, wie sie sich anfühlen, wie lange sie dauern, was er dagegen tun kann, was er schon alles versucht hat – und das seit zwanzig Jahren. Ich als Therapeut kenne ihn gerade 2 Stunden – wie soll ich mir da anmaßen, ihn besser zu kennen als er sich selbst?)
Besonders geeignet ist die Gesprächstherapie bei affektiven Störungen (besonders der Depression), bei Belastungsstörungen und somatoformen Störungen (wenn die Psyche den Körper krank macht), Schlafstörungen und zur Entlastung bei körperlich begründbaren Störungen (Alzheimer, Parkinson ...). Ein großer Vorteil ist, dass Gesprächstherapie auch gut zur Unterstützung von Angehörigen der Erkrankten eingesetzt werden kann.
Da mit Gesprächstherapie eine deutliche und schnelle Entlastung erreicht werden kann, wird sie auch zur Krisenintervention, insbesondere bei akuter Suizidalität eingesetzt.
Aber auch bei Problemen, die im klinischen Sinne keinen Krankheitswert haben wie Liebeskummer, Trauerarbeit, Prüfungsangst, Trennungsschmerz, Lebenskrisen, Familien- und Beziehungsproblemen etc. kann die Gesprächstherapie helfen.
Die klientenzentrierte Gesprächstherapie ist eine etablierte Psychotherapiemethode. Sie ist von der Fachwelt anerkannt, und die Wirksamkeit ist nachgewiesen. Trotzdem wird sie von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt.
Private Kassen bieten Zusatzversicherungen für Heilpraktikerbehandlung an – fragen Sie Ihren Kundenberater, ob Sie die Kosten einer Behandlung mit klientenzentrierter Gesprächstherapie erstattet bekommen.