Dietmar Schlau | Heilpraktiker für Psychotherapie • Villingen |
Die Sorgfaltspflicht und die Fairness verlangen, dass hier neben den Chancen durch eine Psychotherapie, auch mögliche unerwünschte Wirkungen nicht verschwiegen werden. Natürlich werden Sie vor und während einer Therapie ausführlich und persönlich über die Risiken aufgeklärt – diese Aufstellung hier, soll nur ein Angebot für den interessierten Leser sein. |
„Keine Angst, ich komme mit!“
Dietmar Schlau |
Auch Psychotherapien ohne Einsatz von Medikamenten haben Risiken, und es kann zu unerwünschten Wirkungen kommen. Ein guter Therapeut jedoch erkennt ungünstige Entwicklungen rechtzeitig und reagiert darauf. Sie sollten also nur wegen möglicher Komplikationen nicht auf die Chance verzichten, die Ihnen eine Psychotherapie bietet.
Wir Menschen haben die Fähigkeit, seelischen Problemen mit Abwehrstrategien zu begegnen. Diese ermöglichen es uns, trotz seelischer Konflikte, weiterhin zu funktionieren, und sie schützen uns vor seelischen Verletzungen und Schmerzen.
Doch sie schränken uns auch ein und behindern uns bei der Entwicklung zu einer reifen Persönlichkeit. Viele Aspekte eines erfüllten Lebens können sie verhindern. Die Bewältigungsstrategien sind keine Lösung der seelischen Konflikte, sie sind Rollstühle und Krücken für den seelischen Apparat, damit dieser – obwohl angeschlagen – weiterhin funktionieren kann. Sie sind "das kleinere Übel."
Ein Beispiel:
Ein Kleinkind hat einen groben, unberechenbaren Vater, der es nicht wertschätzt und oft enttäuscht. Um dem Schmerz dieser Verletzungen zu entgehen, entwickelt das Kind während der psychodynamischen Entwicklungsphasen ein tiefes Mißtrauen gegenüber Menschen. Es hat damit keine Erwartungen mehr, und kann somit nicht mehr enttäuscht werden.
Diese „Bewältigungsstrategie“ funktioniert zwar, aber es schränkt das Kind u.U. für das ganze Leben ein. Selbst im Erwachsenenalter – wenn der Vater längst gestorben ist, und die Bewältigungsstrategie nicht mehr gebraucht wird – kann der Mechanismus wirksam bleiben. Der Mensch fasst kein Vertrauen zu anderen Menschen, Liebesbeziehungen und andere soziale Beziehungen sind unmöglich oder schwer belastet.
Bei einer Psychotherapie handelt es sich um komplexe Prozesse, die dazu noch individuell sind, und für die keine allgemeingültigen Prüfverfahren existieren. Obwohl es einige psychopathologische Kriterien gibt, bleibt meist das subjektive Empfinden des Klienten das alleinige Qualitätskriterium.
Bei einer Psychotherapie handelt es sich weitgehend um einen unbestimmten Prozess, der neben vielen Chancen, auch einige Risiken birgt. Patienten, die eine Psychotherapie beginnen, sollten wissen, dass das Ergebnis einer Psychotherapie nicht vorhersagbar ist. Der verständliche Wunsch an den Therapeuten: "mach' mich gesund!" ist leider nicht erfüllbar. Der Erfolg einer Therapie ist maßgeblich von der gemeinsamen Arbeit, und damit auch von der Initiative und der Beteiligung des Klienten abhängig.
Erstverschlimmerung
Zu Beginn einer Therapie kann sich der Zustand des Klienten erst einmal verschlechtern. Dies geschieht, weil der Patient lernt, alte Bewältigungsmechanismen, Wahrnehmungen, Interpretationen und Bewertungen in Frage zu stellen. Damit gibt er aber auch einen Teil seiner Schutzmechanismen auf, (bevor er sich besser funktionierende Mechanismen angeeignet hat). Auch aus Enttäuschung, weil er nicht die Fortschritte macht, die er sich erhofft hat, kann der Patient eine Erstverschlimmerung erleben.
Re-Traumatisierung
Bei Störungen, die durch ein Trauma bedingt sind, (insbesondere die Posttraumatische Belastungsstörung PTBS), kann eine Re-Traumatisierung passieren. Dabei wird das Trauma erneut erlebt, und es kann zur "Auffrischung" der Symptomatik kommen.
Identitätskrise
Ziel der Therapie ist es, sich selbst zu erforschen und auch ungeliebte oder gar abstoßende Anteile von sich selbst zu erkennen. Außerdem wird gelernt, Gefühle zuzulassen, auch schlechte oder schmerzhafte. Dies kann dazu führen, dass "man sich bei sich selbst nicht mehr auskennt". Der Patient entdeckt vielleicht etwas Neues, Fremdes an sich. Er fühlt etwas, das ihm fremd ist. Das Selbstbildnis, das er von sich hat, gerät ins Wanken.
Überlastung
Die äußeren und inneren Veränderungen sind zu groß oder zu schnell, um in ausreichender Weise bewältigt zu werden. Äußere Veränderungen sind z.B. Reaktionen der Familie oder des Arbeitgebers auf die Entwicklung des Klienten.
Innere Veränderungen sind z.B. neue Gefühle, das Erkennen neuer Persönlichkeitsanteile, oder kognitive Umdeutungen. (Reize werden anders wahrgenommen, interpretiert und bewertet. Bewertungsmaßstäbe gelten nicht mehr. Welt- und Menschenbild ändern sich.)
Soziale Veränderungen
Verändert sich ein Mensch – weil er zum Beispiel seelisch gesundet – wird das Reaktionen seiner Umwelt hervorrufen. Diese Reaktionen können unerwünscht sein, und das Leben des Klienten erschweren. Zum Beispiel kann sich die Familiensituation ändern – die Mutter ist plötzlich nicht mehr „das Dienstmädchen für alle“, was zu familiären Konflikten führt. Oder im Arbeitsverhältnis – der Chef hat auf einmal eine selbstbewusste Frau vor sich, die sich nicht länger ausnutzen lässt.
Verlust des Sekundären Krankheitsgewinns
Hat ein Patient durch die Krankheit einen Vorteil, so erntet er einen sekundären Krankheitsgewinn. Dieser ist zum Beispiel: Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit des Ehepartners. Der Patient wird aufgrund der Krankheit entlastet, muss nicht mehr im Haushalt helfen, keine Entscheidungen fällen. Oder er bekommt Krankengeld, muss nicht mehr arbeiten, wird evtl. sogar verrentet.
Wird die Krankheit geheilt, muss der Patient auf den sekundären Krankheitsgewinn verzichten. Der sekundäre Krankheitsgewinn ist ein die Krankheit erhaltender Faktor. Er kann ein Mitgrund von Therapieresistenz sein.
Krisenhafte Entwicklung
Das gesamte Spektrum von "kleinen Krisen" über existentielle Krisen bis zu suizidalen Krisen kann vorkommen. Während einer Psychotherapie ist der seelische Apparat verletzlich.
Eine Sichtweise ist: Es geht darum, die dysfunktionalen Bewältigungsstrategien zu eliminieren oder durch funktionelle zu ersetzen. Nimmt man dem seelischen Apparat nun seine "Krücke" weg – bevor etwas neues, stützendes installiert ist – so fällt er um. Er hat keine Möglichkeit mehr, sich gegen die – als bedrohlich empfundenen – Einwirkungen von außen und innen zu schützen. Folge kann eine Überlastung des Patienten sein, die eine Krise auslöst.
Wechselwirkungen zwischen psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung
Werden während einer Psychotherapie Medikamente eingenommen, kann es zu Wechselwirkungen kommen. Besonders aufzupassen gilt es bei der Einnahme von Antidepressiva. Insbesondere trizyklische Antidepressiva vom Desipramin-Typ haben eine antriebssteigernde Wirkung. Diese setzt jedoch (mitunter Wochen!) vor der stimmungsaufhellenden Wirkung ein. Dadurch kann es sein, dass der Patient – obwohl noch stark depressiv – die notwendige Handlungsenergie erhält, die ihm den Suizid ermöglicht. Trifft diese Phase der Antriebssteigerung dann auch noch mit einer eventuellen Erstverschlimmerung durch die Psychotherapie zusammen, entsteht eine besonders kritische Situation.
Klient und Therapeut sind diesen Gefahren nicht wehrlos ausgeliefert. Es gibt eine Reihe von Methoden, rechtzeitig ungewollte Tendenzen zu entdecken und darauf zu reagieren. So können das Risiko und evtl. unerwünschte Effekte klein gehalten werden.