Dietmar Schlau | Heilpraktiker für Psychotherapie • Villingen |
„Was bedeutet »systemisch«?“ Jeder wirkt auf jeden. Was einer macht beeinflusst alle. Und umgekehrt. oder: Wenn's einen juckt, kratzen sich alle. |
Die Systemische Therapie macht sich eine neue Denkweise zunutze. Seit unsere Gesellschaft technisiert ist, sind wir trainiert nach dem Prinzip der Ursache → Wirkung zu denken. Das mag sinnvoll sein wenn es gilt einen Computer zu erfinden, aber natürliche Systeme funktionieren nicht nach diesem Prinzip (zumindest in großen Teilen).
Auch das psychologische Spiel zwischenmenschlicher Beziehungen folgt nicht einem einfachen "wenn → dann" - Mechanismus. Der Systemiker folgt nicht dem linearen Denken, also der Beurteilung der Welt nach dem Ursache → Wirkung - Prinzip, sondern dem zirkulären Denken, bei dem die Vorgänge verstanden werden als miteinander verwobene Einheiten, die interaktiv miteinander spielen und sich gegenseitig beeinflussen, ohne dass ein "Anfang" und eine Wirkrichtung erkennbar ist.
Systemisches Arbeiten verlangt eigene Methoden. ("Systeme" in diesem Zusammenhang sind Familien, Gruppen, Paare, Vereine etc.) Es wird nicht der Einzelne betrachtet, sondern man legt das Filter der systemischen Betrachtungsweise über das System. Dadurch werden die Personen ausgeblendet. Was dann zu sehen ist, ist das was zwischen den Personen installiert ist, also Beziehungsmuster, Kommunikationsstrukturen, Generationsgrenzen, Koalitionen, Familienmuster und dergleichen.
Wichtig: Beim Systemischen Ansatz gibt es keinen Patienten. Das System wird zwar einen "Erkrankten" vorschieben (genannt der Symptomträger oder der identifizierte Patient), aber der ist nicht der Patient. Nicht eine Person ist erkrankt, es ist das System, das der Behandlung bedarf. Und mit System ist hier nicht gemeint "alle Personen", sondern die Mechanismen, die das System entwickelt hat. (Also Kommunikationsstil, Rollenverteilung, Grenzen, Muster etc.)
Systeme (nicht der Einzelne) haben eigene Dynamik oder Stasis, eigene Regeln, eigene Paradigmen. Diese gilt es aufzuspüren und, wenn nötig, zu behandeln. Dabei ist wichtig: Jeder trägt gleich viel zum Spiel des Systems bei! Auch der Symptomträger hat nicht mehr Anteil (und schon gar nicht Schuld!) am Geschehen, als die anderen Systemmitglieder.
Der Systemiker sieht ein System als "Organismus", die Mitglieder sind die "Organe". Gerät der Organismus in eine krankmachende Situation, so wird eines der "Organe" Symptome entwickeln. Der Symptomträger ist also nicht der Grund für die Probleme, er ist derjenige der sie als erstes ausbaden muss. Oft ist es sehr entlastend für den Symptomträger zu erkennen, dass er nicht Schuld an der Misere ist. Meist ist es natürlich das schwächste Systemmitglied – also ein Kind – das die Symptome entwickelt.
Systemische Therapie wird oft verwechselt mit der Systemischen Familienaufstellung. Der systemischen Familienaufstellung liegen auch systemische Wirkmechanismen zu Grunde, sie ist eine von vielen systemischen Interventionen.
Den systemisch arbeitenden Therapeuten interessieren nicht die Eigenschaften und Verhaltensweisen der Patienten – ihn interessiert, was "zwischen den Menschen" installiert ist.
Fahren Sie mit der Maus über die Grafik, dann sehen Sie, wie der Therapeut die Situation unter dem Filter der systemischen Betrachtungsweise sieht.
Der Idealfall ist, wenn das ganze System (Familie, Gruppe ...) in die Beratung kommt. Der Therapeut erkennt im Gespräch (auch versteckt hinter durchsichtigem Spiegel oder per Kamera) das Systemspiel und die Systemstrukturen. Diese werden dann verändert. Dabei hilft es, Schuldzuweisungen umzudrehen: "Dein Bettnässen bewirkt, dass die Eltern wieder miteinander reden."
Auch Symptomverschreibung (paradoxe Intervention) ist oft wirksam: "Du musst weiterhin dich weigern zur Schule zu gehen, das schweißt die Familie zusammen."
Die Systemische Familientherapie gehört zu den humanistischen Therapien. Ihre Anhänger glauben, dass der Mensch aktiv an seiner Entwicklung mitwirken kann, und nicht unbewussten, innerpsychischen Mechanismen ausgeliefert ist.
Wann immer ein Mensch mit einem anderen in Kontakt tritt, findet systemisches Geschehen statt. Man weiß heute, dass bei vielen seelischen Krankheiten das soziale Umfeld die Krankheit zumindest mitverursachen und erhalten kann. Das ist oft nicht einfach zu erkennen – ein Magengeschwür kann aber natürlich durch den Ärger in der Familie verursacht sein, eine Essstörung kann sich durch ein Rivalitätsverhältnis zur Mutter entwickeln, Bettnässen durch ungerechte Lehrer.
Selbst bei Schizophrenie hat man beobachtet, dass die Rückfallquote von der Familiensituation abhängt. Systemische Therapie kann also bei fast allen seelischen Störungen angewendet werden. Oft wird sie begleitend zu einer anderen Therapie eingesetzt, zumal sie auch die Familienmitglieder mit einbezieht.
Besonders wirkungsvoll ist sie natürlich bei Familien- und Beziehungsproblemen, sowie bei Problemen mit Mitmenschen (Mobbing, Stalking, Abhängigkeiten ...)
Systemische Familientherapien werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Private Kassen bieten Zusatzversicherungen für Heilpraktikerbehandlung an – fragen Sie Ihren Kundenberater, ob Sie die Kosten einer Behandlung mit einer systemischen Familientherapie erstattet bekommen.